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Dienstag, 17. März 2009

Harold Ridley und der Graue Star

Neben einigen unbedeutenden politischen Jahrestagen ist in diesem Jahr auch ein wirklich wichtiger Gedenktag zu feiern: Vor nunmehr fast 60 Jahren, im Herbst 1949, implantierte der Engländer Harold Ridley am Londoner St. Thomas Hospital die erste Intraokularlinse in das menschliche Auge. Damit begann der Siegeszug einer Erfindung, die eher zufällig durch einen Medizinstudenten initiiert wurde. Dieser Student- sein Name ist leider nicht überliefert - fragte Ridley nach dem Ende einer Staroperation, warum er nicht einfach die erkrankte natürliche Linse des Patienten durch eine neue ersetzt hätte. Diese Frage war die Initialzündung ! Ridley erinnerte sich, dass er als Augenarzt im Zweiten Weltkrieg Angehörige der Royal Air Force untersucht hatte, denen bei Beschuß Plexiglassplitter ihrer Flugzeugkanzeln in die Augen gekommen waren. Dieses Acrylglas heilte reizlos ein und wurde im Augeninnern gut vertragen. Der hohe Brechungsindex des Acrylglases und seine geringe Dichte sprachen ebenfalls für das Material. Patienten, deren Linse durch den Grauen Star undurchsichtig geworden war, bekamen bis dahin entweder dicke und schwere Brillen aufgesetzt oder blieben gar unversorgt , weil die Brille aufgrund der Dicke der Optik und der damit verbundenen optischen Verzeichnungen nicht vertragen wurde. Mit den Plexiglaslinsen ergaben sich völlig neue Möglichkeiten der Versorgung von blinden und/oder bereits am Grauen Star operierten Menschen. Die erste Intraokularlinse ( intraokular = im Innern des Auges befindlich, nicht zu verwechseln mit Kontaktlinsen) war nur 8,35 mm im Durchmesser und wog in Wasser (Tränenflüssigkeit) 17,4 mg. Im Vergleich: Moderne Kunstlinsen haben heute Optikdurchmesser von etwa 6,0 ... 6,5 mm und wiegen unter 1 mg.

Bevor die Versorgung mit einer Kunstlinse die Standardmethode der Patientenversorgung bei Grauem Star wurde, musste noch viel Wasser die Themse herunter fließen. Es galt zunächst, die Berechnungsmethoden für die Kunstlinsen wesentlich zu verbessern. Ridley selbst hatte sich bei seinen ersten beiden Implantationen noch um -20,0 bzw. -15,0 Dioptrien verrechnet. Lange waren diese Linsenberechnungen sehr kompliziert und bedurften einiger Erfahrung des Augenarztes, sie werden heute aber von laser- oder ultraschallgestützten Geräten relativ problemlos übernommen.
Auch die OP-Methoden änderten sich: Die Operation des Grauen Star- die Katarakt-OP - hatte bis in die 80-iger Jahre des vorigen Jahrhunderts ein beträchtliches Komplikationspotenzial und forderte vom Operateur äußerste Geschicklichkeit. Die Patienten lagen zwischen 1 und 2 Wochen stationär, in den ersten Tagen mit Augenverband und strenger Bettruhe. Das war kein Wunder, denn man musste, um die "alte", undurchsichtig gewordene Linse zu entfernen, das halbe vordere Auge aufklappen, die Kunstlinse einsetzen und das Auge anschließend vernähen. Die Erfindung der sogenannten Phakoemulsifikation im Jahre 1967 durch den US-Amerikaner Charles_Kelman, d.h. der Verflüssigung der alten Linse mit Ultraschall bei gleichzeitiger Absaugung der Linsenreste und der Spülflüssigkeit, war der nächste entscheidende Schritt bei der Verbesserung der OP-Methoden. Dadurch war es möglich, am Auge nur noch kleine, sich selbstverschließende Schnitte zu machen und letztendlich Faltlinsen einzusetzen. Mit diesen Faltlinsen aus Silkon oder Acryl sind heute nur noch Schnitte bis 3,0 mm (und darunter) notwendig. Der vom Allgemeinzustand her gesunde Patient wird in der Regel innerhalb von 10...30 Minuten operiert und am selben Tag nach Hause geschickt. Am nächsten Tag kann der Augenverband bereits abgenommen werden und der Patient kann in der Regel sehen. Das, was mit einem einzigen kleinen Stück Plastik begann, erwies sich als Segen für die Menschheit. Allein in Deutschland wird die Operation des Grauen Star etwa 600.000mal jährlich durchgeführt.

Harold Ridley wurde für seine Leistungen im Februar 2000 von der britischen Königin zum Ritter geschlagen. Er starb am 25. Mai 2001 im Alter von fast 95 Jahren.

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Wir sind noch lange nicht am Ende, wir fangen ja gerade erst an...